Es wirkt beinahe unglaublich, was sich da am Halloween-Freitag kurz vor Schluss im Stadion am Lotter Kreuz abspielte. Gegen den so offensivstarken Tabellendritten aus Gütersloh machten die Sportfreunde eigentlich so enorm viel richtig und verpassten beim 2:2 (1:0) aufgrund zwei später Gegentreffer dennoch den wohl fast sicher geglaubten Heimsieg. Dabei setzten die SFL eine ganze Menge von dem um, was Trainer Fabian Lübbers im Vorfeld von seinen Jungs gefordert hatte. Sie machten es dem FC Gütersloh in mehreren Hinsichten nicht nur extrem schwer, sondern konnten auch den schnellsten Führungstreffer der Saison erzielen.
Zweikampfstark und defensiv stets kompakt, hielten unsere Blau-Weißen die sonst so torhungrigen Gäste aus Ostwestfalen lange vom eigenen Tor fern. Ebenso ein vermeintlich entscheidender Nadelstich gelang Lotte kurz vor Schluss. Doch dann lief der bis dato so erfolgreiche Abend völlig dem Ruder…
Personell gab es vor dem brisanten Flutlicht-Duell mit dem FC Gütersloh an Halloween keine Änderungen. SFL-Coach Fabian Lübbers schickte die gleiche Elf ins Rennen, welche zuletzt ein 1:1 bei Rot-Weiß Oberhausen mitnahm. Schon vor einer Woche lieferten unsere Sportfreunde wahrlich kein schlechtes Spiel ab, doch heute überrumpelten sie ihren Gegner vom Anpfiff weg ganz schön: Samuel Addai setzte sich auf dem rechten Flügel stark gegen direkt mehrere FCG-Akteure durch. Addai flankte schließlich von der Grundlinie nach innen, wo zunächst Kamer Krasniqi nicht richtig an den Ball kam, bevor ein goldrichtig postierter Leon Demaj entschlossen einnetzte! Nach gerade einmal 30 Sekunden stand es 1:0 (1.).
Wie die berühmte Feuerwehr startete Lotte in dieses Halloween-Aufeinandertreffen zwischen den beiden letztjährig noch engsten Verfolgern des späteren Aufsteigers MSV Duisburg. Samuel Addai ergab sich die schnelle Chance auf das 2:0, konnte aber Jarno Peters im FCG-Gehäuse kein zweites Mal überwinden (3.). Dann Aufregung: Innenverteidiger Jannik Borgmann sprang das Leder nach Hereingabe Jonas Kehls vermeintlich an die Hand. Schiedsrichter Francisco Lahora Chulian entschied auf Strafstoß! Doch plötzlich wurde es etwas undurchsichtig. So ließ sich der Unparteiische offenbar von Assistent Marcel Heller noch einmal umstimmen. Die finale Entscheidung: Nur Eckball.
Was war eigentlich mit dem auch in diesem Jahr bislang so stark auftretenden FC Gütersloh? Die Elf von Erfolgstrainer Julian Hesse kam nach dem langsam etwas abflachenden Schwung der Sportfreunde etwas besser ins Spiel hinein. Torjäger Patrik Twardzik prüfte Keeper Laurenz Beckemeyer, jedoch ohne echte Gefahr (13.). Auf der Gegenseite spielte Fabian Rüth Lottes Außenverteidiger Luca Kerkemeyer frei, der lediglich das Außennetz traf (18.).
Die Partie war fortan spürbar ausgeglichener. Lotte spekulierte mit der eigenen Führung im Rücken immer mal wieder auf gezielte Nadelstiche: erneut löffelte Rüth die Kugel in den Sechzehner, Marc Heider legte klug per Kopf für Kamer Krasniqi auf. Der SFL-Kapitän konnte schließlich nichts aus jener Großchance machen und schoss Peters genau in die Arme (25.). Gütersloh hingegen investierte immer mehr, konnte allerdings für lange Zeit nur ein einziges Mal so richtig gefährlich werden: Luis Frieling marschierte entschlossen über links an Kaan Kurt vorbei und bediente Patrik Twardzik, dessen umgehender Abschluss hauchdünn das Beckemeyer-Tor verfehlte (26.).
Zur Pause konnten die Zuschauer im Stadion am Lotter Kreuz grundsätzlich sehr zufrieden mit dem Auftritt ihres Teams sein. Die SFL arbeiteten akribisch gegen den Ball, standen kompakt und agierten mutig in den Zweikämpfen. Abgesehen von kleineren (mal abgefälschten-) Versuchen, kam beim FC Gütersloh offensiv nicht allzu viel rum. Für Lotte vergab Kaan Kurt sogar noch aus dem Gewühl heraus, welcher ebenfalls nicht für den zweiten Treffer vor dem Seitenwechsel sorgen konnte (41.).
Auffallend positiv honoriert von den Zuschauern wurde anschließend insbesondere, dass sich die Sportfreunde Lotte nicht hinten verbarrikadierten, sondern entschlossen weiter den Weg nach vorne suchten. Der Plan von Fabian Lübbers, es den selbstbewussten Ostwestfalen so schwer wie nur möglich zu machen, ging bis zu diesem Zeitpunkt fast vollständig auf. Sie ließen ihr Herz auf dem Platz und lieferten einen richtig sehenswerten Fight ab. Nach rund einer Stunde ersetzte Ben Klefisch den angeschlagenen Kamer Krasniqi im Mittelfeld.
So stabil hinten hatte man die Sportfreunde lange nicht mehr erlebt. Noch immer kam die drittbeste Offensive der Regionalliga West einfach nicht in den Tritt. Jegliche Angriffsversuche verpufften, auch weil unsere Blau-Weißen clever mit der Abseitsfalle arbeiteten und noch immer keinen wichtigen Zweikampf scheuten. Außerdem prüfte Diamant Berisha mal Jarno Peters (61.) und Ben Klefisch verfehlte den FCG-Kasten später denkbar knapp (83.). Vier Minuten danach folgte dann die Entscheidung. Normalerweise. Jonas Kehl hatte auf rechts freie Bahn, der ein kluges Auge für den eingewechselten Angreifer Isaak Nwachukwu bewies. Der Stürmer hob das runde Leder über Peters hinweg ins Tor und traf erstmals im Dress der Sportfreunde – 2:0 (87.).
Doch was nun passierte, dürfte sich der ein oder andere SFL-Akteur wohl selbst kaum erklären können. Der Deckel schien endgültig drauf zu sein und Lübbers brachte mit Franko Uzelac sowie Andi Wiegel zur Absicherung noch zwei weitere Verteidiger. Gleichzeitig hatte Gütersloh zuvor Paolo Maiella, wie ebenso Henri Bollmann frisch ins Spiel gebracht. Die Ostwestfalen steckten den Kopf nicht in den Sand und erarbeiteten sich nochmals einen Eckball: Maiella brachte diesen von rechts hinein und ausgerechnet Bollmann verkürzte aus Nahdistanz per Hacke – 2:1 (90.).
Was auch immer am Ende der Grund dafür war, Lotte verlor mit einem Schlag all ihre vermeintliche Sicherheit aus den vorangegangenen 90 Minuten. Ben Klefisch klärte mitten in die Füße eines Gegenspielers – Gütersloh konnte also noch einmal aufbauen. Julius Langfeld spielte auf rechts Luca Kerkemeyer aus, Patrik Twardzik verlängerte die kommende Hereingabe per Kopf und der zweite Joker Paolo Maiella drückte die Kugel schließlich tatsächlich über die Linie – 2:2 (90.+2). Was war in diesen Minuten mit den Sportfreunden los? Diese mussten bis zum Schlusspfiff gar um diesen einen Punkt noch bangen. Doch es blieb beim 2:2.
Die Sportfreunde Lotte kommen dementsprechend tabellarisch weiter nicht vom Fleck. Ein Punkt gegen den Drittplatzierten FC Gütersloh dürfte sich nach diesem – fast perfekten – Abend wie eine klare Niederlage anfühlen. Lange Zeit schien alles zu passen: Frühe Führung, Einsatz, Wille, Körpersprache, eine stabile Defensive und das vermeintlich erlösende 2:0. Doch ausgerechnet diese „Horror-Nachspielzeit“ am Abend des 31. Oktober entriss dem Lübbers-Team schließlich den eigentlich mehr als angebrachten „Dreier“.
Sportfreunde Lotte: Beckemeyer – Kerkemeyer, Rüth, Milic, Kehl – Kurt, Demaj (85. Wiegel), Krasniqi (57. Klefisch), Berisha (71. Horn) – Addai (85. Uzelac), Heider (71. Nwachukwu)
FC Gütersloh: Peters – Winke, Henke, Borgmann, Weichert (61. Reyes), Lanfer (61. Barthel) – Kandic (73. Maiella), Liehr – Langfeld, Frieling (82. Bollmann), Twardzik
Tore: 1:0 Demaj (1.), 2:0 Nwachukwu (87.), 2:1 Bollmann (90.), 2:2 Maiella (90.+2)
Schiedsrichter: Francisco Lahora Chulian (Bonn)
Zuschauer: 1111
Nächstes Spiel: Auswärts (Sonntag, 9. November, 14 Uhr) bei Fortuna Düsseldorf II.
(Bericht: Tobias Wehrmeier I Foto: Rolf Grundke)